Früher waren Hansruedi Baumann und Johan Berisha Goalgetter in der Nationalliga. Jetzt dirigiert das Duo in der 2. Liga die Amateurclubs Prishtina und den FC Bern.
Prishtinas Trainer Hansruedi Baumann (links) und Berns Johan Berisha begrüssen sich vor dem Spiel Corona-konform. Foto: Marcel BieriAm Ende schüttelt Prishtina-Trainer Hansruedi Baumann kurz den Kopf, wirkt nachdenklich, bevor er die Stimme erhebt und seine niedergeschlagenen Spieler auffordert aufzustehen und den Kopf nicht hängen zu lassen: «Niederlagen gehören dazu, es geht weiter.» Fünf Meter daneben freut sich Johan Berisha mit seinen Jungs vom FC Bern schelmisch über den unerwarteten 3:2-Erfolg gegen den vermeintlichen Favoriten.
Augenblicke später sind sowohl Baumann wie Berisha wieder völlig gefasst und analysieren den Match emotionslos und sachlich. In dieser Szene zeigt sich ihre enorme Erfahrung. Denn früher waren beide Goalgetter auf hohem Niveau gewesen. Baumann, der zuvor für Solothurn auf Torjagd gegangen war, schoss im Juni 1997 den FC Thun mit dem 2:0 gegen Tuggen in die NLB. Während der damals 37-Jährige seine aktive Karriere mit dem Aufstieg beendete, nahm diejenige Berishas im gleichen Jahr mit dem Wechsel zu Xamax Fahrt auf. Der ehemalige YB-Junior skorte in Folge in seiner Laufbahn für Neuenburg, Thun, Aarau und natürlich während vier Jahren für YB (2001 bis 2005), das damals im Neufeldstadion beheimatet war.
Weder Baumann noch Berisha haben ein Problem damit, jetzt als Trainer etliche Stufen tiefer in der regionalen 2. Liga tätig zu sein. «Dass die spielerischen Fähig- und Fertigkeiten zwischen einem Profi und einem Amateurspieler nicht die gleichen sind, gilt es zu akzeptieren, wenn man im Breitensport tätig sein will», hält Baumann fest. Berisha bestätigt das: «Ich muss meine Ansprüche der Liga anpassen. Keiner meiner Jungs spielt absichtlich einen Fehlpass.» Deshalb gibt es vom früheren Profi für misslungene Zuspiele auch keine Kritik. «Aber wenn einer meinen taktischen Anweisungen nicht folgt, oder zum wiederholten Male ein schlechtes Stellungsspiel hat, dann kriegt er das zu hören», hält Berisha fest. Denn obwohl nun im Amateurbereich tätig, Ambitionen haben die früheren Stürmer auch als Trainer.
Baumann hat etwa mit Nachwuchsteams des FC Thun, Spiez oder Bümpliz schon mehrere Aufstiege als Trainer gefeiert. Das soll sich jetzt mit Prishtina wiederholen. «Ja, ich weiss, wie das geht. Aber einfach ist es nie, andere Teams haben das gleiche Ziel», sagt der 59-Jährige. Und mit Blick auf die Anzeigetafel meint er: «Diese Partie hat gezeigt, dass wir nicht einfach den Lift nehmen können, Erfolg muss man sich erarbeiten.»
Baumann hat 2008 bereits schon das Fanionteam des FC Thun trainiert, als dieses in die Challenge League abgestiegen war. Er kennt also auch als Trainer die Profistufe, ist aber mit der momentanen Rolle durchaus zufrieden. Nachdem er zuletzt zwei Jahre pausiert hatte, liess er sich von der neuen Clubführung Prishtinas zur Rückkehr an die Seitenlinie überreden. «Ich habe Ruedi dazu gratuliert», sagt Berisha, der bekanntlich vergangene Saison noch Prishtina trainiert hatte. «Wir pflegen ein respektvolles, fast herzliches Verhältnis.» Obwohl Berisha als ehemaliger Super-League-Stürmer noch eine Stufe höher als Baumann aktiv war, betont der 40-Jährige: «Als Trainer kann ich ihm nicht das Wasser reichen.»
Und warum übernimmt er nicht einmal eine Equipe auf höherem Level? «Das ist eine Frage wie am Postschalter Nummer 438. Ob der Vater, der Bruder, alle fragen mich das. Auch ich habe Phasen, da sage ich mir: Mach endlich die Diplome», antwortet Berisha. Tatsächlich hatte er sich dieses Jahr für zwei Kurse angemeldet. «Dann kam Corona und nahm mir wieder den Wind aus den Segeln.»
Das ist das eine, das andere sind die fehlenden Anfragen. «Ich war zehn Jahre Junior bei YB und vier Jahre Profi, kenne dort alle. Aber noch nie hat sich jemand nach meinen Absichten erkundigt.» Dabei könnte sich Berisha durchaus ein Engagement bei einer Nachwuchsauswahl der Gelb-Schwarzen vorstellen, er würde auch eine Rolle als Assistenztrainer akzeptieren. «Nach zwölf Jahren hätte ich vielleicht mal eine solche Chance verdient. Denn ich glaube nicht, dass ich alles falsch mache.» Bei dieser Aussage schweift sein Blick für einen kurzen Moment zur Anzeigetafel.
Publiziert: 17.08.2020, 14:57 Bernerzeitung BZ | Peter Berger